Warum das Rektorat unsere Professur nicht auslaufen lassen darf
Unser aktueller Professor für die germanistische Linguistik, Prof. Jürgen Pafel, geht 2025 in den Ruhestand. Als wir, die Fachgruppe Linguistik, davon mitbekommen haben, dass das Rektorat seine Stelle nicht neubesetzen, sondern auslaufen lassen will, haben wir entschieden, uns aktiv für eine Wiederbesetzung stark zu machen. Der Verlust dieser Professur rüttelt den ganzen Studiengang auf und bringt große Schwierigkeiten bezüglich des Qualitäterhalts des Studiums mit sich. Herrn Pafels Stelle muss nach dessen Pensionierung neu besetzt werden! Es folgen drei große Punkte, die durch die Aufrechterhaltung der Professur zu schützen sind:
1. Unsere Seminare dürfen nicht weiter wachsen
Während Vorlesungen dazu da sind, einer großer Bandbreite von Studierenden Lehrstoff in einem präsentativen Format vorzustellen, liegt der Fokus von Seminaren auf gemeinsamer Diskussion. Seminare sollen das aktive Mitdenken aktivieren und Diskussionen fördern, in denen der Lehrstoff von mehreren Seiten betrachtet und kritisch dessen Vor- und Nachteile beleuchtet werden, um so das Verständnis dafür zu festigen. Das funktioniert nur, wenn auch eine diskussionsfähige Gruppengröße besteht, weshalb Seminare verlgiechsweise klein zu halten sind, da 100 Personen in einem Raum nur schwer produktiv diskutieren können – vor allem, wenn jeder (oder auch nur 50 davon) etwas dazu zu sagen hat. Bereits jetzt haben gerade die Hauptseminare des Linguistikstudiums Ausmaße angenommen, in denen eine richtige Diskussion nicht möglich ist.
Wo an den Universitäten Freiburg und Heidelberg Seminargößen über 30 Teilnehmern eine Seltenheit sind und bereits als überfüllt wahrgenommen werden, haben unsere Hauptseminare in der Linguistik der Universität Stuttgart teilweise eine Größe von 86 (!) Teilnehmern, was fast das Dreifache des “einfachen Übermaßes” ist. Das sind Zahlen mit Vorlesungscharakter – für Seminare viel zu groß und entsprechend qualitätsmindernd. Für hochqualitative Seminare und Diskussionen müssen unsere Seminare som klein wie möglich bleiben. Fällt uns nun aber eine Professur weg und keine Neubelegung findet statt, dann müssen diese Seminare zwangsläufig weiterwachsen und die ohnehin kritische Situation der Seminargröße, die durch die kleine Dozierendenzahl anders auch nicht sein kann, wird sich verschlimmern.
2. Die Qualität der Lehrerausbildung muss aufrecht erhalten bleiben
Gerade Prof. Pafel hat sich schon immer für eine Besserung der Deutschlehre an unseren Schulen eingesetzt und auch teilweise an aktuellen Lehrplänen Baden-Württembergs mitgewirkt. Die Situation an unseren Schulen ist schlecht und ohne gute Ausbildung wird sich diese auch nicht bessern. Das Fehlen einer Professur für die germanistische Linguistik kann nur in einen Niedergang in der Ausbildung neuer Lehrer führen. Im Schlimmstenfall müsste diese Rolle dann ein fachfremder Professor übernehmen. Man stelle sich zum Beispiel vor, ein Professor aus der Literaturwissenschaft – der sich also voll und ganz der Analyse, Hintgergrundrecherche und Interpretation von Inhalten deutscher Literatur verschrieben hat – müsste erklären, welche syntaktischen Strukturen und Vorgänge für den deutschen Satz verantwortlich sind, welche Argumente es gibt für oder gegen eine Interpretation des am-Progressivs als Substantivierung oder warum lange Nebensätze vom deutschen Muttersprachler bevorzugt ins Nachfeld verschoben werden! Das würde mir genauso viel Angst bereiten, wie morgen einen Vortrag über Friedrich Schillers Werke halten zu müssen – von denen habe ich nämlich keine Ahnung. Das wäre nicht auszudenken, aber es hält auch kein Chemieprofessor Vorlesungen über Quantenphysik, also würde diese Lehrstelle plausiblerweise eher leer bleiben müssen. Und vollkommen ohne Professur sinkt die Qualität der Lehrerausbilung maßgeblich. Und das, wo das Land momentan so hart dafür kämpft, die Situation an unseren Schulen zu verbessern. Wir sollten sicherstellen, dass wir uns da dem Land anschließen, uns als EXZELLENTEN Mitstreiter in den Bildungsangelegenheiten des Landes zeigen und damit für Studenten für eine Ausbilfung bei uns attraktiv machen, statt diese durch eine offene Vernachlässigung der Lehre abzuschrecken.
3. Es muss attraktiv bleiben, seine Abschlussarbeit an der Universität Stuttgart zu schreiben
Üblicherweise hat man für die Bearbeitung und Abgabe seiner Bachelor- oder Masterarbeit eine begrenzte Auswahl an Dozierenden. Für gewöhnlich wendet man sich dabei an jemanden, der sich auf den Themenbereich spezialisiert hat, zu dem man schreibt. So wichtig es allein deswegen schon ist, eine Auswahl zu gewährleisten und für möglichst alle Fachzweige eine spezialisierte Persönlichkeit am Institut zu haben, so ist es umso ausschlaggebender für die Bearbeitung von Masterarbeiten, hier nicht zuweit auszudünnen. Masterarbeiten betreuen dürfen nämlich nur Professoren, wovon es an unserem Institut genau zwei gibt: Prof. Daniel Hole und dann genau Prof. Jürgen Pafel, der uns in zwei Jahren verlässt. Fällt die Professur also weg, so müssen alle Masterarbeiten zwangsläufig vom selben Dozenten betreut werden. Das geht logischerweise mit einer Verdoppelung seines Arbeitsaufwandes in dieser Hinsicht einher, die nicht ohne Abschläge in anderen Bereichen seines Tätigkeitsfeldes funktionieren kann. Die Folge ist also auch an dieser Seite eine Minderung der Lehrequalität sowie obendrein eine Verweigerung gegenüber den Studierenden, sich für die Masterarbeit einen Betreuer aussuchen zu können. Denn die Wahl zwischen ein und derselben Person ist keine Wahl mehr. Ein Master an der Universität Stuttgart wird ohne weitere Professur also unattraktiver, was durch die zu erwartende erhöhte Korrekturzeit (da doppelte Anzahl an zu korrigierenden Arbeiten für den Professor) noch verstärkt wird.
Was können wir Studierenden jetzt tun?
Unsere wichtigste Aufgabe ist jetzt, so viele Leute wie möglich auf das Thema aufmerksam zu machen und insbesondere zu beweisen, wie wichtig der Erhalt der Professur für die Studierenden ist. Um uns dabei zu helfen könnt ihr folgendes tun:
1. Macht bei unserer Unterschriftensammlung mit!
Mitglieder der Fachgruppen werden in Seminaren vorbeischauen, um dort auf die Professur-Problematik aufmerksam zu machen. Dabei sammeln sie Unterschriften, um einen Nachweis dafür zu haben, wie vielen Studierenden das Thema am Herzen liegt. Bitte unterschreibt! Ihr müsst dabei selbstverständlich mit keinerlei Konsequenzen für euer Studium rechnen.
2. Redet mit euren Kommiliton*innen und Dozent*innen über das Thema!
Es ist wichtig, dass alle Studierenden über die Situation informiert sind. Erwähnt es also gerne im Gespräch oder sagt auch ruhig in Seminaren, wenn ihr die Teilnehmerzahlen als zu hoch empfindet.
3. Schreibt an uns!
Ganz besonders würden wir uns freuen, wenn ihr uns in einer Mail kurz schildert, warum euch die Professur wichtig ist. Wir möchten so viele Argumente und Stimmen wie möglich in der Hand haben. Seid ihr selbst in zu großen Seminaren und vermisst Diskussionen? Hättet ihr gerne ein breiteres Angebot an Lehrveranstaltungen? Macht ihr euch Gedanken, ob und wo ihr eure Masterarbeit schreiben könnt? Schreibt uns alles, was euch einfällt! Wir werden natürlich nie eure Namen nennen. Schreibt uns an: mail@fachgruppe-linguistik.de